Bogenmachen – eine Familienangelegenheit
Bogenmachen – eine Familien-
angelegenheit
Die Geschichte der Finkel Bogen reicht zurück ins 19. Jahrhundert und ins deutsche Städtchen Markneukirchen. Dort fertigte Ewald Weidhaas (1860 – 1939) seine Bogen an. Sohn Paul Weidhaas (1894 – 1962) übernahm nach Wanderjahren mit Stationen in Paris, Leipzig und Amsterdam den Betrieb des Vaters. Paul Weidhaas gehörte zu den besten Markneukirchner Meistern seines Handwerks – das Städtchen im Südwesten von Sachsen hat sich seit Mitte des 17. Jahrhunderts zu einer Hochburg des Instrumentenbaus entwickelt. Zuerst waren es böhmische Geigenbauer, die ihr Wirken unter Beweis stellten, bald wurden alle möglichen Orchesterinstrumente, Zupfinstrumente, Mund- und Handharmonikas wie auch Bogen gefertigt. Heute gehört Markneukirchen mit seinen über 100 Werkstätten zum immateriellen Kulturerbe der Unesco.
Fünf Generationen Finkel-Weidhaas
Ewald
Weidhaas
1869-1939
Paul
Weidhaas
1894-1962
Siegfried
Finkel-Weidhaas
1927-2010
Johannes
Finkel
1947
Daniela
Finkel
1987
«Jedes Holz ist anders. Man muss auf das Holz eingehen – das kann die Maschine nicht.»
Johannes Finkel
Ein alter Bogen mit den Ornamenten von Siegfried Finkel-Weidhaas.
Paul Weidhaas gehörte zu den besten Markneukirchner Meistern seines Handwerks.
Paul Weidhaas in seinen
ersten Wanderjahrenbei Bogenmeister
Victor Fetique Paris, Frankreich.
Die modernen Finkel Bogen sind mit der Tradition des sächsischen Streichbogenbaus aufs engste verbunden. Die Familiengeschichte nahm jedoch Mitte des 20. Jahrhunderts eine geografische Wende – die dritte Generation der Bogenmacher-Familie verliess Markneukirchen. Pauls Tochter Hanna Weidhaas hatte kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs den jungen Siegfried Finkel kennengelernt (1927 – 2010). Siegfried Finkel trat bei seinem Schwiegervater die Lehre als Bogenmacher an. Nach Einzug des Kommunismus in Markneukirchen zogen Siegfried und Hanna mit ihrem Sohn Johannes (1947) im Jahre 1952 in die Schweiz, der Schwiegervater hatte die junge Familie zu diesem Schritt gedrängt. Die Nähe zur Geigenbauschule Brienz gab den Ausschlag für die Ansiedlung im Berner Oberland, es brauchte jedoch grosse Zielstrebigkeit und eisernen Willen, in der neuen Heimat ein florierendes Geschäft aufzubauen.
Johannes Finkel lernte das Handwerk von seinem Vater und erweiterte sein Wissen und seine Fertigkeiten während mehrerer Wanderjahre, die ihn nach London zu J. & A. Beare führten, nach Los Angeles zu Hans Weisshaar und nach Philadelphia zur Firma William Moennig & Son. Nach der Rückkehr arbeiteten Johannes und Siegfried gemeinsam in der Werkstatt in Schwanden und bauten das gute Renommee der Finkel Bogen weiter aus. 1984, nach der Pensionierung von Siegfried Finkel, übernahm Johannes die Werkstatt. Unterdessen steht bereits die fünfte Generation in den Startlöchern: Daniela (1987), die Tochter von Marianne und Johannes Finkel, hat sich ebenfalls zur Bogenmacherin ausbilden lassen und bereitet sich derzeit auf die Übernahme des Geschäfts vor. Damit schlägt sie das jüngste Kapitel des schweizweit einzigartigen Handwerksbetriebs auf.
Johannes Finkel in seinen Wanderjahren
bei William Moennig & Son,
Philadelphia, 1973.
«Die Geheimnisse eines guten Bogens stecken in der Holzqualität und in der Verarbeitung.»
Johannes Finkel
Marianne und Johannes Finkel
in ihrer Werkstatt in Schwanden, 1970.
Aus der Werkstatt
Die einen machen,
die andern spielen
– beide zaubern.
Die Bogenmacher: Daniela Finkel, Menk Lüthi, Daniel Ernst, Markus Fischer
Ein guter Bogenmacher muss nicht zwingend auch selber gut Geige spielen können. Die Mitarbeiter der Werkstatt Finkel haben zwar durchaus ein Flair für Musik, es gibt jene, die selber Geige spielen oder spielten, wie auch jene, die ratlos die Hände verwerfen beim Anblick einer Violine und solche, die sich musikalisch mit Schlagzeug, Gitarre oder Alphorn auskennen. Viel wichtiger in der Werkstatt sind das Auge, die manuelle Fertigkeit, das Gefühl und die Erfahrung. Die Bogenmacher tragen die Musik sozusagen auf Händen. Durch ihr Handwerk erhalten die Bögen jene Stärke und Elastizität, die den guten Klang ausmachen. Auch die Zusammenarbeit im Team spielt eine wichtige Rolle, nicht für jedes Problem findet sich auf Anhieb eine Lösung, Ideen und gegenseitige Tipps sind gefragt.
Obschon die Tradition seit vielen Jahren weitergeführt wird und jeder Bogenmacher seine eigene Fertigung mit der Zeit zu einer persönlichen Handschrift entwickelt, es entsteht auch immer wieder Neues und die Handwerker bringen sich gegenseitig weiter. Den allerletzten Schliff erhält jeder Bogen von Werkstattleiter Markus Fischer – aus dieser Summe verschiedener Kräfte setzt sich die Perfektion der Finkel Bögen zusammen und spiegelt sich zusammen mit dem Knowhow der Musiker im vollendeten Klang. Die einen machen, die andern spielen – beide zaubern.
Violin
No.180GEM
D.S.Finkel
Viola
No.460GEM
M.Fischer
Cello
No.380GEM
D.S.Finkel